Modellbauladen, Friseur, Kaffeehaus, Handyshop, Schuhgeschäft: Einer nach dem anderen hat im La Stafa, jenem auffälligen Rundbau an der Mariahilfer Straße Ecke Kaiserstraße in Wien, in den letzten Monaten das Weite gesucht. Jetzt soll das Low-Budget-Design-Hotel „Nomad", die Textilkette Terranova und der neue Flagshipstore von Betten Reiter dem historischen Kaufhaus neues Leben einhauchen. Das Gesamtinvestitionsvolumen beläuft sich auf 31 Millionen €.
Verantwortlich für das Refurbishment der 1911 erbauten und in der Vergangenheit immer wieder umgebauten Immobilie ist das Architekturbüro BEHF. Ziel von solchen Maßnahmen ist es, Strukturen, Ausstattung und Nutzung von Immobilien zwecks Wertsteigerung anzupassen - und das funktioniert recht gut, wie eine Diskusssionrunde von Wolf Theis in der Vorwoche zum Thema „Refurbishment: Startklar für das neue Leben" zeigte. „Die Lebenszyklen von Immobilien werden immer kürzer. Eine sinnvolle Nachnutzung ist daher gefragt", sagt Franz Gruber, Projektleiter bei BEHF.
Ästhetische Grenzen
Vor allem im Handel lohnen sich Investitionen in das Refurbishment, ist der Architekt überzeugt. „Städte lieben den Handel. Also müssen wir dafür sorgen, dass der Handel nicht von den Städten abrückt." Gruber sieht hier vor allem in Wien noch sehr viel Potenzial. „Ein Neubau mit zwei schwarzen Löchern, eines für den Eingang zum Müllraum und eine Einfahrt für die Tiefgarage, so funktioniert das urbane Leben sicher nicht", nennt er ein Beispiel.
BEHF hat in der Vergangenheit eine Reihe von Refurbishment-Projekten betreut - etwa das Fachmarktzentrum Graz Nord, ein Shoppingcenter der ersten Generation. Gruber: „Diese Immobilien funktionieren nur noch, weil es ein gelebter Standort ist. Ästhetisch und funktionell stoßen sie aber an ihre Grenzen. Hier setzt man zunehmend auf den Faktor Architektur, um sie zukunftsfit zu machen."
Sinnvolle Belebung
Um in die Jahre gekommene Immobilien wieder zum Leben zu erwecken, braucht es laut Gruber aber auch Innovationen. Als Beispiel nennt er die Tageslichtsimulation, die derzeit beim Umbau des Objekts in der Elisabethstraße 3 zu einem Motel One eingesetzt wird. „Dadurch wird mehr nutzbare Fläche gewonnen, was notwendig ist, um solche Bausubstanzen sinnvoll zu beleben", sagt Gruber.
Doch lohnt sich überhaupt ein Refurbishment oder kommt ein Abriss nicht am Ende doch billiger? Laut Gruber spielt auch die so genannte „emotionale Standortqualität" eine Rolle. BEHF war beispielsweise mit dem Refurbishment eines riesigen Betonklotzes Marke „super-hässlich" auf der Krim in der Ukraine betraut. Doch für die Russen war der Bau laut Gruber ein Sehnsuchtsort - Abriss ausgeschlossen. „Das hatte einen hohen emotionalen Mehrwert. Würde man es wegreißen, wäre es kostenneutral." Man entschied sich für ein Refurbishment und dem Umbau zu einem schicken Ferienressort. „Bei einem intelligenten Umgang mit der Bausubstanz können Refurbishments zu einem interessanten Projekt werden", ist Gruber überzeugt.
Quelle: wirtschaftsblatt.at