Die Teilnehmer des "Forum Building Science" waren sich einig: Wesentliches Thema, um Nachhaltigkeit zum Durchbruch zu verhelfen, ist die Kommunikation zwischen Mieter und Vermieter
Die Donau-Universität Krems hat sich beim achten Forum Building Sience als Kompetenzzentrum für Baumanagement und nachhaltige Immobilienwirtschaft präsentiert. Forscher, Absolventen sowie Vertreter der Wirtschaft hatten sich letzte Woche am Campusgelände eingefunden, um Gebäude-Nachhaltigkeitsthemen in Praxis und Forschung zu erörtern.
Der Bogen der Themenblöcke war mit der Konservierung von Altbauten bis hin zum Neubau in Niedrigenergiebauweise weit gespannt. Vor allem aber stand der Tag im Zeichen der Nachhaltigkeit.
Grauzone Lüften
Ein heikles Beispiel aus richterlicher Berufserfahrung nannte der Vortragende Alfred Popper: "Verbundfenster in eine Mietwohnung einzubauen ist heute eigentlich Pflicht eines jeden Hauseigentümers. Bei falschem Lüftverhalten kann dies jedoch unweigerlich zu Schimmelbildung führen."
Nachdem sich das korrekte Lüftverhalten nicht vorschreiben lasse, seien Mieter und Vermieter – durch eine im Grunde genommen energietechnisch sinnvolle Maßnahme – in eine rechtliche Grauzone versetzt. An einem konstruktiven Miteinander zwischen den Parteien führe kein Weg vorbei.
Sommerkleidung im Winter?
Fingerspitzengefühl statt reinen technischen Know-hows ist auch beim Kunsthistorischen Museum Wien gefragt. Dort ist Alfons Huber für die energietechnischen Belange verantwortlich. Für ihn mangle es vielfach am Willen zur Veränderung: "Technisch sind 20 bis 30 Prozent Energieeinsparung möglich, doch wenn in der kalten Jahreszeit die Wärme durch offene Türen entweicht und die Mitarbeiter gleichzeitig auf freizügige Sommerkleidung bestehen, dann ist das kontraproduktiv."
Nicht nur fertige Bauten, auch Projektentwicklungen verlangen nach mehr Kontakt zwischen den Errichtern und den Nutzern. Michael Ullrich, Leiter der Post Immobilien, hatte sich am Rande des Plenums dahingehend geäußert: "Großflächige Glasfassaden sind im Prinzip völlig unökonomisch, aber es gibt sie, weil die Errichter den kurzfristigen Profit im Auge haben und die Gebäude nicht selber nutzen." Wer mit dem Gebäude selbst leben müsse, der sei an Lösungen interessiert, die sich nicht nur am Prestige orientieren, sondern auch an der Praxistauglichkeit, so der Tenor.
Die Lösung lautet: mehr langfristiges Denken! Auch für Rainer Stempkowski, der in Wien und Graz eine Baumanagement-Firma leitet, sei selbstverständlich: "In Zukunft wird der Druck auf den Investor, Nachhaltigkeitsaspekte mitzubedenken, mehr und mehr steigen."
Brückenschlag zwischen Planer und Nutzer
Mut machte schließlich der letzte Vortrag des Tages. Manuela Schweighofer-Bitter, Projektleiterin bei der Erste Group Immorent AG, berichtet vom Liesinger Projekt "Silo", wo mit einem "kooperativen Development" ein gezielter Brückenschlag zwischen Errichter und Mieter angestrebt wird. "Es ist bei diesem Projekt gelungen, die Verschränkung von Nutzung und Planung mit dem Ergebnis minimaler Betriebskosten für die Mieter auszureizen", so Schweighofer.
Indem man die gebäudebezogenen Betriebskosten auf zehn Jahre vertraglich zusichert, sollen die Nutzer des Gebäudes von künftigen Einsparungen direkt profitieren. Als Schlüssel zum Erfolg werden die reduzierten variablen Verbräuche angegeben. Dank Passivhaus-Standard, Geothermie und solarer Energiegewinnung werden diese auf ein Minimum gedrosselt. Die Planung von "Silo" hatte sich dem Facility-Management von Planungsbeginn an untergeordnet. Auch im späteren Gebäudebetrieb, so der Plan, werde man sich noch mit Optimierungen beschäftigen.
Helmut Floegl, der an der an Donau-Uni Krems das Zentrum für Facility-Management leitet, sieht bei solchen Projekten die Rechnung aufgehen: "Je einfacher das Gebilde, desto weniger Folgekosten. Das Argument mit den hohen Investitionskosten zu Beginn ist einfach nur ein Märchen." (Peter Matzanetz, DER STANDARD, 18./19./20.5.2013)